Auswirkungen der Pandemie auf Kinder und Jugend
Was Kinder belastet, was sie schützt

Wie beim Radfahren-Lernen: Wir stärken Kinder, wenn wir ihnen etwas zutrauen: „Ich bin da, aber jetzt bist du an der Reihe und du kannst dich das trauen.“ | Foto: Soloviova Liudmyla – stock.adobe.com
  • Wie beim Radfahren-Lernen: Wir stärken Kinder, wenn wir ihnen etwas zutrauen: „Ich bin da, aber jetzt bist du an der Reihe und du kannst dich das trauen.“
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Der Leiter der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie im AKH Wien, Prof. Dr. Paul Plener, beschreibt in seinem Buch „Sie brauchen uns jetzt“ die Auswirkungen der Pandemie auf Kinder und Jugendliche. Und was sie jetzt brauchen.

Die von vielen Ärzten gefürchtete Triage, die Entscheidung, wer medizinisch behandelt wird und wer nicht – für den Kinder- und Jugendpsychiater Dr. Paul Plener wurde sie Realität. Anfang des Jahres war die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie im AKH Wien überbelegt, sodass nicht alle Patienten stationär aufgenommen werden konnten, die das gebraucht hätten. Auslöser waren die im Herbst steigenden Corona-Infektionszahlen gewesen und der damit einhergehende Lockdown: mangelnde Perspektiven, soziale Iso­lation, gestörter Schlafrhythmus, fehlende Bewegung und lange andauerndes Home-Schooling drückten auf die Psyche. Die Patienten kamen nun aus allen gesellschaftlichen Schichten, erzählt Paul Plener in seinem Buch „Sie brauchen uns jetzt“, das er im Feb­ruar veröffentlichte: „Sie waren erkrankt, weil das aus ihrem Alltag genommen worden war, was sie für ihre psychische Stabilität und ihre Entwicklung brauchen.“ Die häufigsten Diagnosen: Depressionen und Essstörungen.
In den an seiner Klinik behandelten Fällen sieht Leiter Paul Plener nur die Spitze des Eisbergs, denn psychische Probleme würden den realen oft hinterherhinken. Außerdem gebe es weiterhin belastende Risikofaktoren: etwa wenn Jugendliche nur schwer Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen, wenn die Familie in finanzielle Schwierigkeiten gerät, Eltern unter höherer Arbeitsbelastung reizbarer und gestresster werden, wenn Immobilien nicht mehr leistbar sind. All das seien Risikofaktoren für die Entstehung psychischer Krankheiten: Ängste, Depressionen, Suchterkrankungen, Essstörungen.

Wie können wir nun unsere Kinder nach dem Corona-Schuljahr unterstützen, damit sie die auf sie zukommenden Aufgaben psychisch gesund und stabil meistern? Gut tun wird ihnen besonders jetzt, viel Zeit mit Freunden und in der Natur zu verbringen, Bewegung und Sport, „analoge“ Gespräche und Gemeinschaft.

Eltern, die gut für ihre Kinder da sein wollen, rät Paul Plener zum einen, sich ihrer Werte bewusst zu werden: Was ist mir wichtig? Wer und wie will ich sein? „Es vereinfacht das Leben der Kinder, wenn sie genau wissen, was den Eltern wichtig ist“, meint der Facharzt, denn „Eltern liefern mit ihrer langweiligen Berechenbarkeit in Zeiten des Wandels eine besonders gesuchte Ressource: Halt“. Zum anderen rät der Experte den Eltern, sich über ihre eigenen Gefühle klar zu werden, denn die wenigsten Erwachsenen wüssten selbst , wie es ihnen eigentlich gerade geht. Wer seine eigenen Gefühle einordnen könne, „wird nicht so leicht von ihnen getrieben und richtet auch nicht so leicht Schaden an, indem er sie an anderen auslässt“, so Plener. Mit der Wahrnehmung der eigenen Stimmung könne man wieder Kontrolle über sich übernehmen – etwa mit einer Sporteinheit einer üblen Laune gegensteuern. Stärken könne man Kinder auch, indem man überwindbare Widerstände zulässt, für positive Erfahrungen sorgt und ihnen das Gefühl gibt, in mindestens einer Sache gut zu sein – besonders wenn diese Sache nichts mit der Schule zu tun hat.

Autor:

Patricia Harant-Schagerl aus Niederösterreich | Kirche bunt

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