Psychische Gesundheit im Lockdown:
Tipps für Sonne in der Seele

Keine Freunde treffen, möglichst keine sozialen Kontakte: 
Lernen von zu Hause.  | Foto: Pixabay/Markus Trier
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  • Keine Freunde treffen, möglichst keine sozialen Kontakte:
    Lernen von zu Hause.
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Einsamkeit, private Probleme, existenzielle Sorgen – in Zeiten von Lockdowns mit dem Herunterfahren von Schulen, Geschäften und Gastronomie eine besondere Situation. Kinder lernen zu Hause, Eltern gelangen an
ihre Belastungsgrenzen. Wie steht es um die Psyche und mit welchen Mitteln kann trotzdem Sonnenschein ins Herz gelangen?
von Katja Schöffmann

Lockdown über Lockdown – der Schutz des eigenen Körpers vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus hat Priorität. Dies lässt aber gleichzeitig das emotionale, soziale und psychische Wohlbefinden leiden. Im letzten Jahr hat dies auch zu einem Anstieg an Schlafstörungen, Sorgen und psychischen Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen geführt – besonders auch unter Kindern und Jugendlichen.

Wenn die Seele leidet

Für viele ist die Corona-Krise ein Auslöser für Angst und Unsicherheit – nicht nur aufgrund der unabschätzbaren Situation.
Dietmar Winkler, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin aus Wien, weiß, was die aktuelle Situation für unsere Gesundheit bedeutet: „Die Auswirkungen auf die Psyche sind mannigfaltig. Es geht vor allem darum, dass wir soziale Kontakte einschränken sollen und vor einer ungewohnten Situation stehen.“ Soziale Kontakte seien ein „ursprüngliches und wichtiges zwischenmenschliches Bedürfnis“. Wir befinden uns derzeit im 3. Lockdown, der voraussichtlich mit 8. Februar ein Ende findet. Das hängt auch sehr von der Organisation der Impfungen ab.
Winkler erläutert: „Menschen reagieren auf das Unbekannte immer mit mehr Furcht. Wenn man weiß, was einen erwartet, ist die Angst geringer.“ Besonders wichtig ist es, dass „Menschen mit psychischen Erkrankungen auf jeden Fall die Behandlung weiterführen“, rät Winkler. Untersuchungen während des ersten Lockdowns zeigten, „dass depressive und ängstliche Symptome angestiegen sind“.

Ängste und Sorgen nehmen zu
Prim. Herwig Oberlerchner ist Leiter der Abteilung für Psychia-trie und Psychotherapie im Klinikum Klagenfurt. Dort werden jährlich ca. 3.500 Patienten stationär und rund 11.000 durch ambulanten Konakt betreut. Die häufigsten Krankheitsbilder sind Depressionen, Angst- und Suchterkrankungen sowie psychotische Störungen.
Oberlerchner informiert: „Wir sind jetzt mit einer Situation konfrontiert, die wir noch nie erlebt haben, können nicht auf Erfahrungen zurückgreifen. Viele merken, dass sie nervöser sind, Stimmungsschwankungen haben.“

Kinder im Homeschooling
Für die Mehrheit der Schüler ist der Lockdown aufgrund des Online-Unterrichtes sehr belastend, besonders für solche der Oberstufe. Diese sind seit November zu Hause. Omar (15): „Wir haben viel weniger Freizeit. Manche Lehrer geben mehr Aufgaben, als wir in einer Schulstunde erledigen können.“ Natalie (15) ist traurig: „Mir gefällt Homeschooling gar nicht. Dauernd vor dem PC sitzen, ist mühsam. Ich vermisse meine Schulkollegen und den Unterricht vor Ort in der Schule.“ Yvonne (17) erzählt: „Es ist anstrengend, motiviert zu bleiben. Die Alltagsstruktur geht verloren. Niemand passt bei Videokonferenzen auf, da einige Lehrer den Stoff nur vorsprechen, was extrem langweilig ist. Wir bekommen auch extrem viele Aufgaben. Das nervt so.“ Gert Prix, Lehrer für Musik, Mathematik und Informatik an der Mittelschule Waidmannsdorf in Klagenfurt, ist überzeugt: „Auch im Lockdown ist die Erarbeitung von neuen Stoffgebieten wichtig, sonst übernehmen Monotonie und Langeweile das Kommando!“ Um dem entgegenzuwirken, „biete ich im Bedarfsfall – natürlich Virus-konform – gratis Nachhilfe in Kleinstgruppen an, was sehr gerne angenommen wird.“

Trotzdem Sonne im Herzen tragen
Winkler hat Tipps, wie trotz der angsteinflösenden Situation das Leben leichter werden kann. So können trotz Einschränkungen soziale Kontakte, private Treffen in stark reduzierter Form weiterhin durchgeführt werden. Ausreichende Bewegung mindert eine mögliche Gewichtszunahme: Man sollte nicht „den ganzen Tag auf der Couch verbringen. Selbstdisziplin ist wichtig.“ Bewegung ist „bei allen psychischen Belastungen, von Stress angefangen über Angst und psychischen Erkrankungen, sehr wirksam und förderlich“. So kann man gemeinsam Sport an der frischen Luft machen oder spazieren gehen. Stefan Borgwardt, Direktor der Klinik für Psychiatrie u. Psychotherapie des Univ.-Klinikums Schleswig-Holstein, rät dazu, sich nicht zurückzuziehen. Eine Alternative für physische Treffen können Online-Meetings oder Telefonate sein. „Man sollte ganz aktiv gegen die Vereinsamung angehen. Gesunde Ernährung ist wichtig, Sport, gesunder Schlaf und geregelte Tagesstrukturen.“
Borgwardt zum Thema Emotionen: „Es gibt negative Gefühle, die sind einfach da. Es ist eine weltweite Pandemie. Man muss negative Gefühle akzeptieren. Ich suche ganz gezielt Dinge, die mir Freude machen. Aktiv bleiben und positiv denken.“ Prim. Oberlerchners Tipps für eine positive Einstellung in dieser Zeit: „Unser Stresshormonsystem spricht gut auf Bewegung, auf Entspannung an. Bewegung im Freien mit Kindern scheint mir ohne Alternative.“ Außerdem wichtig: „Feststellen, was einem im Leben wichtig ist. Über positive Beziehungen zum eigenen Körper, zur Natur und über einen achtsamen Umgang mit sich selbst und der Umwelt nachzudenken.“ Haustiere streicheln, Auszeiten, Belohnungen, bewusster Medienkonsum, Bewegung und Sport, ein gutes Buch, eine heiße Tasse Kakao oder Lieblingsmusik hören oder selbst machen – es gibt unzählige persönliche Wege zu mehr Wohlbefinden.

Angebote für Familien und Kinder
Das Katholische Bildungswerk bietet regelmäßig Online-Angebote zu Themen in Verbindung mit einem gelungenen Familienalltag an. Kontakt: Cindy Sablatnig: 0676/8772- 2422, cindy.sablatnig@kath-kirche-kaernten.at und Homepage des Kath. Bildungswerkes unter www.kath-kirche-kaernten.at. Das kath. Familienwerk rät zum Besuch der österreichweiten Plattform „Eltern-bildung.at“, wo es viele verschiedene Expertentipps rund um das Thema „Mit Kindern Krisen meistern“ gibt. Link: www.eltern-bildung.at/mit-kindern-krisen-meistern

Hilfe für die Seele in dunklen Momenten
Wenn die Seele Hilfe braucht

Telefonseelsorge: 142 - kostenlos und anonym
www.telefonseelsorge.at
Rat auf Draht für Kinder, Jugendliche und Bezugspersonen: 147, Infos und Chatberatung: www.rataufdraht.at
Frauenhelpline: 0800/222 555
Familien-, Lebens-, Sucht- und Männerberatung
(8-18 Uhr): 0463/500 667
Psychiatrischer Not- und Krisendienst Kärnten
Kostenlos rund um die Uhr
Kärnten Ost: 0664/300 7007, Kärnten West: 0664/300 9003
Kriseninterventionszentrum: 01/406 95 95
Voice for You – Institutionsunabhängige, überparteiliche Interessensvertretung für Menschen mit psychischen Erkrankungen/Behinderungen in Kärnten
Tel.: 0677/633 251 20
Sprechstunden: Di. und Fr. von 18 - 20 Uhr
E-Mail: office@voice-4-you.at (rund um die Uhr)
Homepage mit allen Infos: www.voice-4-you.at

Keine Freunde treffen, möglichst keine sozialen Kontakte: 
Lernen von zu Hause.  | Foto: Pixabay/Markus Trier
Angst, Einsamkeit, Depressionen nehmen zu: 
Haustiere sind immer für uns da!  | Foto: Pixabay/PicsbyFran
Autor:

Sonntag Redaktion aus Kärnten | Sonntag

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