Gespräch mit Altbischof Paul Iby
Der Schnellzug fährt jetzt etwas langsamer ...

Altbischof Paul Iby in der Hauskapelle seines Alterssitzes im Stadtzentrum von Eisenstadt.
 | Foto: Franz Josef Rupprecht
  • Altbischof Paul Iby in der Hauskapelle seines Alterssitzes im Stadtzentrum von Eisenstadt.
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Am 24. Jänner werden es 30 Jahre her sein, dass Paul Iby zum Bischof geweiht wurde. Die Kirchenzeitung Martinus hat mit dem Senior des Eisenstädter Kirchenlebens ein Gespräch geführt.

Sie schauen im patriarchalen Alter von 88 Jahren zurück auf 30 Jahre als Bischof. Welchen Herausforderungen mussten Sie sich stellen?

Altbischof Paul Iby: Der Stil von meinem Vorgänger, Bischof Stefan László, war sozusagen noch barock. Es herrschte eine gewisse Distanz zwischen dem Bischof und dem Volk und auch das Verhältnis zur Politik war von Spannungen geprägt – man denke nur an die Fragen des Ehrenvorrangs. Damit habe ich damals gebrochen. Und ich habe den Menschen gesagt, dass ich nicht mit „Exzellenz“ angesprochen werden will. Es genügt, wenn ihr sagt: „Herr Bischof“.

Bestimmte Fragen haben in der Kirche vor 30 Jahren noch schwere Magenschmerzen verursacht. Heute kann man fast lächeln darüber, es gibt eine neue Selbstverständlichkeit des Dialogbegriffes. Waren Sie ein Vorläufer des Synodalen Weges von Papst Franziskus?

Iby: Das wäre eine Übertreibung. Der von mir betriebene Dialog war eine Folge des vom damaligen Vorsitzenden der Bischofskonferenz Johann Weber ins Leben gerufenen „Dialog für Österreich“. Dieser Dialog ist erstickt. Nur wir waren die einzige Diözese, die ihn als „Dialog für Burgenland“ weitergeführt hat. Auf diesen Dialog, den wir begonnen haben, schaue ich wirklich gerne zurück: Gespräche mit den politischen Parteien, den Künstlern, der Jugend. Eine der Früchte war die Frauenkommission, da ist sehr viel in Bewegung gekommen.

Im sogenannten Maßnahmenkatalog sind auch die „heißen Eisen“ beschrieben worden. Aus diesem Grunde war ich damals beim Glaubenspräfekten, Kardinal Joseph Ratzinger, bei dem ich mir einiges anhören musste und ein paar Korrekturen dann auch angebracht habe. Man hatte Angst, was da geschehen ist. Etwa bei unserer Formulierung, dass die Jugend sich bemühe, einen aktiven Gottesdienst zu gestalten. Da konnte ich den Kardinal beruhigen, dass wir die Regeln für Gottesdienste nicht verändern.

Gibt es Meilensteine in Ihrem bischöflichen Wirken?

Iby: Als ein Erbe der nationalsozialistischen Zeit gab es manche Gemeinden, die nicht „Pfarre“ sondern „Selbständige Lokalseelsorgestelle“ waren. Sechs solche Gemeinden habe ich zu Pfarren erhoben: Unterpetersdorf, Hirm, Lackenbach, Neutal, Oberdorf, Markt Neuhodis. Auch konnte ich die Volksgruppe der Roma und Sinti in den Dialog und die Abläufe einbeziehen. Eines meiner Ziele war es, lebendige, hellwache Gemeinden zu errichten. Ich bin etwa schon am Vorabend der Visitation in die Gemeinden gekommen und habe ein Gespräch mit dem Pfarrgemeinderat gehabt. Das hat die Atmosphäre locker gemacht. Bei den Bischöfen Reinhold Stecher und Johann Weber habe ich Unterstützung gefunden. Und vor allem durch meine Begegnung mit der Fokolar-Bewegung und den tschechischen Bischöfen, angeführt von Kardinal Miloslav Vlk. In der Folge konnten wir Chiara Lubich zu einem Besuch in Österreich bewegen und sie kam auch nach Eisenstadt. Die innere Kraft habe ich mir geholt durch Exerzitien bei Pfarrer Josef Brandner in Schloss Fürstenried, einem Bildungshaus in München. Und gern denke ich an die großen Wallfahrten der Diözese. Die haben viel für den Zusammenhalt gebracht.

Oft ist mir mein Leben vorgekommen wie ein Schnellzug ohne Haltestellen. Doch im Rückblick sehe ich, dass der Zug mit den Jahren langsamer geworden ist, oder er wurde auch gebremst. Und jetzt im Alter wird es überhaupt langsamer …

Was waren Ihre schönsten Aufgaben?

Iby: Die Tätigkeit als österreichischer Jugendbischof habe ich sehr gut in Erinnerung. Ich habe angeregt, dass Jugendliche mir schreiben und habe allein aus unserer Diözese 500 Briefe bekommen. Die Antwort war dann der „Brief an die Jugend“.

Es war auch nicht leicht, das „Cenacolo“ (Anmerkung der Redaktion: eine Einrichtung, die unter anderem drogenkranke Jugendliche aufnimmt), in Kleinfrauenhaid zu errichten. Die Pfarre war dafür, die Gemeinde am Anfang dagegen. Oder wenn ich auf meine Tätigkeit als vormaliger Caritasdirektor zurückblicke: Die Diözesansynode 1971 hatte die Errichtung eines Altenheimes gefordert, die Eröffnung des „Haus St. Martin“ folgte dann 1974. Ich war mit dem Haus so verbunden, dass ich alle Bewohner mit Namen kannte. Die Ökumene ist gewachsen, ich habe fast jedes Jahr die Gedenkfeier beim Kreuzstadl in Rechnitz besucht oder jene beim Denkmal für die Roma in Lackenbach.

Ein Höhepunkt war die Renovierung des Domes in den Jahren von 2000 bis 2004. Das war nicht ganz unumstritten. Er wurde barrierefrei gemacht und so gestaltet, dass man gut Messe feiern konnte.

Welche Dienste als Bischof und Priester vollziehen Sie heute?

Iby: Die Betreuung von Gehörlosen ist nicht sehr populär und im Vordergrund sichtbar. Doch da bin ich hineingekommen und das sehe ich bis heute als meine Aufgabe. Es wird immer schwieriger, Priester oder Laien für die Arbeit in der Gehörlosenseelsorge zu gewinnen. Ich will aber noch einen letzten Versuch machen und mit den österreichischen Bischöfen sprechen, dass sie dieses Anliegen wahrnehmen, denn diese Menschen brauchen wirklich Hilfe.

Tun Sie etwas Gutes für Ihre Gesundheit?

Iby: Das Wichtigste ist, dass ich seit meiner Studentenzeit jedes Jahr eine dreiwöchige Kneippkur mache. Zuletzt in Marienkron und Bad Kreuzen. Ich bemühe mich, Bewegung zu machen, früher ging ich etwa gern in die Berge und habe auch einige Gipfel bestiegen, etwa die Damülser Mittagsspitze oder den Hohen Zinken. An meine Urlaubswochen in Vorarlberg erinnert in Rossbad eine Brücke, die den Namen „Bi-schof-Iby-Steg“ trägt.

Ihre Wiege stand in Raiding, Ort des Musikgenies Franz Liszt. Hören Sie gern seine Musik?

Iby: Ja. Eines meiner Lieblingsstücke ist der „Totentanz“. Da hört man wirklich die „Knochen klappern“ … Ich bin sehr erfreut, dass in Raiding die Pflege der Musik Liszts weitergeführt wird, und ich bin oft bei den Konzerten, etwa mit den Künstlern Johannes und Eduard Kutrowatz.

Viele Menschen sind mit Ihnen verbunden, sagen Ihnen besonders in diesen Tagen Glückwünsche. Was möchten Sie den Menschen im Burgenland sagen?

Iby: Im Hinblick auf die Geschichte des Burgenlandes gilt: Das Burgenland war 1921 ein Armenhaus Österreichs. Durch den Fleiß der Menschen und ihr Zusammenhalten ist etwas daraus geworden. Deshalb rufe ich den Menschen zu: Habt Vertrauen, habt Mut. Wir schaffen es, unser Land durch schwierige Zeiten zu führen.

Das Gespräch führte FRANZ JOSEF RUPPRECHT

FEIERN
Am Samstag, den 4. Februar, um 11 Uhr lädt Bischof Ägidius im Martinsdom zu einem Festgottesdienst zum 30. Bischofsjubiläum von Altbischof Paul Iby. Nachher wird bei einem Empfang im Martinus-Saal die Möglichkeit bestehen, Bischof Paul persönlich zu begegnen.

Am Sonntag, den 5. März, finden in Raiding Gottesdienst und anschließend Begegnung mit Altbischof Paul Iby statt.

Autor:

martinus Redaktion aus Burgenland | martinus

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