Oberwarts Stadtpfarrer Erich Seifner
Brauchen wir einen Retter?

Einkaufsvergnügen als heimliches Erlösungsversprechen. Auf die Öffnung der Geschäfte (wie hier auf der Wiener Mariahilferstraße) warteten viele ÖsterreicherInnen wie auf das Christkind.    | Foto: REUTERS / Lisi Niesner
  • Einkaufsvergnügen als heimliches Erlösungsversprechen. Auf die Öffnung der Geschäfte (wie hier auf der Wiener Mariahilferstraße) warteten viele ÖsterreicherInnen wie auf das Christkind.
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„Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr“, lesen wir alljährlich im Weihnachtsevangelium. Aber brauchen wir überhaupt einen Retter, einen Erlöser?

Erich Seifner

Können wir uns nicht selbst an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen, wie das angeblich auch der legendäre Baron von Münchhausen wollte? Gewiss, wir hätten zwar gerne, dass die Welt ein Paradies wäre. Aber wir leben nicht im Paradies, sondern „jenseits von Eden“, wie wir immer wieder erfahren müssen, und uns Medien tagtäglich vor Augen führen.
So sehr dies Politiker, Philosophen und Erzieher auch immer wieder versuchen und versucht haben, es will einfach nicht gelingen, dass wir Menschen immer menschlich handeln, dass der Hunger beendet und Krankheiten, ja der Tod abgeschafft werden. Auch ein Blick in uns selbst zeigt, dass es da einen eigenartigen Zwiespalt gibt. Wir wollen zwar alle das Gute, aber – so könnten wir mit dem Apostel Paulus sagen: „Ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will.“ (Röm 7,19)

Die Bibel erläutert diesen Zustand mit dem Wort „Erbsünde“ bzw. mit der Geschichte vom Sündenfall von Adam und Eva. „Erbsünde“ meint nicht eine persönliche Schuld. Sie wird auch nicht vererbt. „Erbsünde“ meint den unheilvollen Zustand der Menschheit bzw. jene verhängnisvolle Schicksalsgemeinschaft aller Menschen in Gottferne und Schuld, in die wir Menschen hineingeboren werden und aus der wir uns nicht selber befreien können.Seit dem Sündenfall von Adam und Eva und ihrer Vertreibung aus dem Paradies leben wir nicht mehr von vornherein mit Gott auf Du und Du. Es fällt uns auch nicht immer leicht, gut zu sein und zu lieben. Der Egoismus „liegt“ uns – mit allen negativen Folgen, die sich daraus ergeben: Hass, Neid, Unfriede, Gottlosigkeit, ungerechte Strukturen, unter denen wir und andere Menschen leben und leiden müssen.
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. schreibt in seiner Botschaft zum Weltjugendtag 2011: „Die Erfahrung lehrt, dass die Welt ohne Gott zu einer ‚Hölle‘ wird, in der Egoismus, Spaltungen innerhalb von Familien, Hass zwischen Menschen und Völkern, Mangel an Liebe, an Freude und an Hoffnung vorherrschen. Wo die Menschen und Völker dagegen die Gegenwart Gottes annehmen, ihn in der Wahrheit anbeten und auf seine Stimme hören, wird die Zivilisation der Liebe konkret aufgebaut, in der jeder in seiner Würde geachtet wird.“
Der Grazer Soziologieprofessor Manfred Prisching wurde einmal in einem Zeitungsinterview u. a. auch zu unserem Konsumverhalten bzw. zu diesem „Kaufrausch“ vor Weihnachten und anderen großen Festen befragt. Prisching: „Es muss jederzeit alles möglich sein, wie z. B. auch Einkaufen am Sonntag und rund um die Uhr. … Nachdem uns der Glaube an das ewige Leben entglitten ist, können wir ja den Karibikurlaub nicht mehr im Jenseits nachholen. Deshalb müssen wir das Letzte herausholen aus diesem kurzen irdischen Leben.“

Wie wahr das ist! Wer nicht glaubt, dass es einen Gott gibt; wer nicht an den Himmel glaubt; wird ein solcher Mensch nicht tatsächlich alles tun, um sich den Himmel auf Erden zu schaffen, sich und nur für sich das Letzte aus diesem irdischen Leben herausholen? Wird ein solcher Mensch aus Angst, zu kurz zu kommen oder irgendetwas im Leben zu versäumen, nicht dazu neigen, sich und andere zu überschätzen, maßlos zu werden, süchtig, abhängig? Kaufrausch, Alkoholsucht, Drogensucht, Arbeitssucht, Spielsucht sind nur einige Beispiele dafür – die Spitze eines Eisbergs! Wenn es keinen Gott gibt, dann ist nicht nur alles erlaubt (Dostojewski), dann ist dieses Leben hier auf Erden auch „unsere letzte Chance“ (Marianne Gro-nemeyer). Und das bedeutet: Wir müssen aus diesem Leben hier auf Erden alles und so viel wie nur möglich für uns herausholen. „Die Mehrzahl der Menschen lebt unter dem Terror der Diesseitigkeit“ – so der Theologe Paul M. Zulehner. Und dieser Terror der Diesseitigkeit ist viel brutaler als die Vertröstung auf ein Jenseits. Denn, „wer die Erde zum Himmel machen will, macht sie zuverlässig zur Hölle“. (Odo Marquard)

Was hat nun Gott getan, um diese unheilvolle Situation, in der wir uns befinden, zu ändern? Er hat nicht aufgehört mit seiner Liebe zu uns. Er hat auch kein großes Strafgericht geschickt über eine Welt, in der Hass, Neid und Gier herrschen, in der Menschen einander quälen, einander verhungern lassen, sich gegenseitig um ihre Chancen und ihren gerechten Lohn bringen – eine Welt, in der die Kinder nicht besser als ihre Eltern sind. Stattdessen ist Gott in Jesus von Nazareth ein Mensch, ein Baby, geworden. In Bethlehem wurde er als Sohn des jüdischen Mädchens Maria um 7. v. Chr. geboren. Von diesem Jesus bekennen wir Christen, dass er unser Retter und Erlöser ist – vom Leben der Gottferne, von unseren Sünden und vom ewigen Tod. «

Autor:

Redaktion martinus aus Burgenland | martinus

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